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Junghund erziehen – Eine schwierige Zeit

Die Entwicklung vom Welpen zum Junghund ist ein Wechselbad der Gefühle und Hormone. Wie Sie Ihren Junghund erziehen sollten, möchte ich Ihnen hier erklären.

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Nicht Welpe, nicht erwachsen: Junghundeerziehung kann ganz schön anstrengend sein. © Christian Müller/ stock.adobe.com

Mit unseren Tipps und Hinweisen will ich Ihnen die Welt der Junghunde näher bringen, verständlicher machen und damit auch das Leben ein wenig erleichtern.

Eine schwierige Zeit

Frechheit siegt! Mag zumindest nun Ihr Hund denken. Aus dem niedlichen Welpen, der Ihnen bewundernd überall hin folgte und in Ihrer Nähe seine Sicherheit fand, wird nun ein Jungspund, der seine und Ihre Grenzen austestet und die Welt auch ohne Ihre unmittelbare Nähe erobern will. Plötzlich macht Ihr Hund nichts mehr von dem, was er als Welpe schon wunderbar beherrschte. Weder Sitz noch Platz funktionieren, er zieht wie blöd an der Leine und wenn Sie ihn rufen, dreht er sich vielleicht noch mal gut gelaunt um, bevor er mit Höchsttempo auf einen Hund oder vermeintlich bekannten Menschen zustürmt.

Was nun kommt, sieht man immer wieder, selbst bei erfahrenen Hundehaltern: Im ersten Schreck brüllen Sie zunächst den Namen Ihres Hundes ordentlich laut, in der Hoffnung, er hätte Sie das erste Mal nicht gehört. Dann rennen Sie dem Übeltäter hinterher, in der bangen Hoffnung, er schafft es nicht bis zur nächstgelegenen Straße, wird von dem fremden Hund nicht zerfleischt und springt die Dame in Weiß nicht mit seinen Schlammpfoten an.
Endlich beim Ausreißer angekommen, macht die Erleichterung über den guten Ausgang dem Ärger Platz. Der Hund wird ordentlich ausgeschimpft und kommt zur Strafe an die Leine.

Fehlt nur noch ein Türenknallen

Die Reaktion des Hundes auf Ihr Gehabe fällt dann unterschiedlich aus. Sensible Gemüter brechen mit dem Ich tu’s auch nie wieder-Hundeblick zusammen. Die kernigen Typen werden Sie mit einem unverständlichen Was regst Du Dich denn so auf?-Blick bedenken und Ihnen widerwillig, fast schon beleidigt, an der Leine folgen. Eltern von Teenagern kennen diesen Blick sehr gut und warten wahrscheinlich sogar beim Hund darauf, dass er zu Hause mit einem wütenden Türenknallen ins nächste Zimmer verschwindet. Diese Beschreibung mag Ihnen recht vermenschlicht erscheinen, ist aber tatsächlich gar nicht so weit vom Verhalten menschlicher Teenager entfernt. Hat sogar die gleichen Ursachen. Ihr Hund wird erwachsen und geschlechtsreif.





Gerade Letzteres spielt auch beim Junghund eine Rolle. Plötzlich beginnen die Hormone zu arbeiten. Hündinnen kommen in den nächsten Monaten in die erste Hitze, Rüden nehmen zum ersten Mal bewusst den wunderbaren Duft einer Hündin wahr. Auch die körperlichen Veränderungen spielen sich ähnlich ab. Aus dem knuffigen Welpen wird ein schlaksiger Junghund, der beim Rennen tatsächlich auch mal über seine eigenen Pfoten fällt. Es ist eben gar nicht so leicht, alle Gliedmaßen in der richtigen Reihenfolge in Einklang zu bringen und die plötzlich wachsende Kraft richtig einzuschätzen. Der Eintritt der Geschlechtsreife veranlasst Ihren Hund nun auch, Geschlechtsgenossen und Geschlechtsgenossinnen mal näher unter die Lupe zu nehmen und sich auf ein Kräftemessen einzulassen.

Knurren darf nicht beeindrucken!

Apropos Kräftemessen: Auch Sie werden nicht ungeschoren davon kommen. Es kommt ganz auf den Charakter Ihres Junghundes an, ob er es wagt, Sie auch mal anzuknurren oder einfach nur passiven Widerstand durch hartnäckiges Weghören praktiziert. Bei Letzterem bleiben Sie eisern und beharren Sie auf die gewünschte Handlung. Sitzt Ihr Hund auf der Couch und ignoriert ungerührt Ihre Aufforderung, diese zu verlassen, schieben oder nehmen Sie ihn, je nach Größe, einfach wortlos runter.

Aber denken Sie auch daran, was Martin Rütter immer zu sagen pflegt: Ein Hund auf der Couch strebt nicht unbedingt die Weltherrschaft an. Ihr Hund will Sie testen. Und sitzt er in unbeobachtetem Moment auf Ihrem Platz, dann oft einfach nur, weil Sie ja diesen eindeutig gerade nicht beanspruchen. Andererseits sind es besonders solche Platzansprüche, die manche Junghunde zum Übermut verleiten. Und manchmal geht es ja auch um Spielzeug oder Kauknochen.

Die Situation: Sie von unten nach oben mit scheelem Blick bedenkend, knurrt Ihr Junghund Sie beim Versuch, Ihren Platzanspruch wahrzunehmen oder das Objekt zu ergreifen, an. Lassen Sie sich jetzt davon beeindrucken, wird Ihr Hund auch zukünftig wenigstens darüber bestimmen, wo Sie sitzen und was Sie ihm wegnehmen dürfen! Jetzt dürfen und sollten Sie auf jeden Fall barsch reagieren! Geben Sie Ihrer Stimme einen dunkleren und scharfen Ton und wiederholen Sie das bekannte Kommando. Werfen Sie ihn von seinem Knurren völlig ungerührt von der Couch oder nehmen Sie das Objekt, was dann auch in Ihrem Besitz verbleibt. Er wird Sie nicht beißen. Falls doch, haben Sie bereits im Welpenalter einiges falsch gemacht.

Körperliche Aktion kann sinnvoll sein

Bei größeren, kraftvollen Rassen kann es auch sein, dass Sie nicht umhinkommen und einfach mal wie ein erwachsener Hund reagieren müssen. Solch vehementes Verhalten wird unter Hunden nicht selten mit einem wütenden tiefen Knurren, dem gleichzeitigen blitzschnellen Umwerfen und auf dem Boden-Festhalten des Junghundes quittiert. Der darf sich erst erheben, wenn er ohne Gegenwehr liegen bleibt. Dann wird er ohne jede weitere Bemerkung wieder freigegeben und vom Althund, der sich nun das begehrte Objekt nimmt, ignoriert.

Hunde mit gesundem Sozialverhalten setzen nur sehr selten körperliche Gewalt ein. Sollten Sie zu dieser Maßnahme greifen, übertreiben Sie es also nicht mit der Häufigkeit. Die Kompetenz eines Familienoberhauptes wird auch bei Hunden nicht mittels körperlicher Gewalt unterstrichen, sondern durch souveränes und gelassenes Verhalten.

Junghundphase dauert bis zu drei Jahren

Auch wenn nach der Faustregel die Junghundephase bis zum 12. Monat eingestuft und danach vom erwachsenen Hund gesprochen wird, dauert das eigentliche Erwachsenwerden länger. Kleinere Hunde sind oft erst im Alter von 1,5 bis 2 Jahren geistig ausgereift, viele große Rassen sogar erst mit großzügig vollendetem drittem Lebensjahr. Es ist auffällig, dass Hunderassen, die in ihrem früherem oder auch heutigem Beruf selbstständig arbeiten mussten und müssen, also die Entscheidung über ihre Handlung ohne Anweisung des Hundehalters treffen und so nicht selten auch über ihr Leben oder ihren Tod entscheiden, eher die drei Jahre bis zum tatsächlichen Erwachsensein benötigen. Dazu gehören z. B. einige Jagdhunderassen, aber auch Hütehunde und molosserartige Rassen.

Fazit

Während Sie in dieser Woche den perfekten Junghund haben, wird er Sie in der nächsten wieder in den Wahnsinn treiben. Fortschritte und Rückschritte scheinen sich nur die Waage zu halten. Doch wenn Sie wieder mal glauben, die Welt ist für Sie beide nicht groß genug, dann denken Sie daran: In spätestens drei Jahren ist der Spuk bei liebevoller, konsequenter Erziehung vorüber.

Antje Plate

Antje Plate teilt ihr Leben seit etwas mehr als 40 Jahren mit Hunden, seit etwa 20 Jahren beschäftigt sie sich mit dem Lebewesen Hund tiefergehend. Über die Jahre knüpfte sie teilweise sehr enge Kontakte zu anderen Haltern, Züchtern verschiedenster Rassen, Tierärzten und Kynologen. Außerdem entwirft und fertigt sie maßgefertigte Hundegeschirre.