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Hund kastrieren – Ja oder Nein?

Ob man einen Hund kastrieren sollte oder nicht, das wird von allen Seiten recht kontrovers betrachtet und diskutiert. Wir möchten Ihnen dieses Thema hier ein bisschen näher bringen.

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Kastrationen sind vor allem für Hündinnen ein großer Eingriff und müssen gut überlegt sein. © Ekaterina/ stock.adobe.com

Hund kastrieren – Verstümmelung oder Allheilmittel?

Während die einen in einer Kastration eine Verstümmelung des Tieres sehen, betrachten die anderen es als Allheilmittel bei vermeintlich charakterlichen Verfehlungen des Hundes. Die Kastration des Hundes ist jedoch weder das eine noch das andere. In jedem Fall allerdings ein großer Eingriff in die Körperlichkeit und Seele Ihres Hundes, der gut überlegt sein sollte. Durch solch eine Operation kann sich nämlich das ganze Wesen Ihres Hundes verändern.

Kastration der Hündin

Schwerer operativer Eingriff

Der eindeutigste Vorteil einer Kastration beim Hund besteht aus Sicht vieler Hundebesitzer in der eigenen Seelenruhe und Nervenschonung. Auch wenn die Hitze der Hündin eine anstrengende Zeit für alle Beteiligten ist, sollte dies dennoch nicht Ihr Beweggrund sein, über eine Kastration nachzudenken. Die Kastration einer Hündin ist meist immer noch ein schwerer operativer Eingriff. Der Bauchraum muss geöffnet werden, um Gebärmutter, Eierstöcke und Eileiter komplett entfernen zu können. Die meist doch recht große Narbe ist Zeichen des relativ umfassenden Eingriffs. Mittlerweile bieten einige Tierärzte und Tierkliniken auch die Möglichkeit, die Kastration per endoskopischen Eingriff vorzunehmen. Diese sind jedoch noch in der Minderzahl, da die notwendigen Geräte meist mit sehr hohen Anschaffungskosten verbunden sind und die Anwendung einen ebenfalls kostenaufwendigen Lehrgang erfordert.

» Dennoch gibt es zwei Punkte, die eine Kastration unbedingt unterstützen:

  1. Die Vermeidung von unerwünschtem Nachwuchs, was jedem verantwortungsvollem privaten Hundehalter am Herzen liegen sollte, und
  2. die Reduzierung der Gefahr von Mamatumoren (Brustkrebs), und die Vermeidung von Gebärmutterentzündungen und Gebärmuttertumoren.

Eine Operation in jungen Jahren ist besser

Vor allem ältere Hündinnen, je nach Rasse ab einem Alter von 6 Jahren, leiden nicht selten an Gesäugetumoren und schweren Entzündungen der inneren Fortpflanzungsorgane. Auch beim Hund gilt: Eine Operation ist in jungen Jahren besser zu verkraften als mit fortgeschrittenem Alter. Mit einer Kastration ist diese Gefahr auf jeden Fall gebannt, die der unerwünschten Nachkommenschaft natürlich auch. Es ist übrigens erwiesen, dass die Lebenserwartung von kastrierten Hündinnen zudem bis zu zwei Jahre höher ist als die von unkastrierten.





Kastration des Rüden

Geschlechtsspezifische Aggressionen sind teilweise normal

Es gibt Hundeschulen und leider auch den einen oder anderen Tierarzt, welche die Kastration des Rüden bei unerwünschtem Verhalten empfehlen. Meist handelt es sich dabei um Rüden, die ein sogenanntes dominantes Verhalten ihrem Besitzer gegenüber an den Tag legen oder aggressiv auf Geschlechtsgenossen reagieren. Dieses Verhalten beginnt in der Regel mit Eintritt der Geschlechtsreife und verfestigt sich im Laufe der Zeit. Nun, das dominante Verhalten dem Halter gegenüber hat dieser selbst zu verantworten. Geschlechtsspezifische Aggressionen sind teilweise normal, teilweise tatsächlich auch anerzogen oder treten aufgrund von Erfahrungen, z. B. durch mehrfache Angriffe von Rüden auf. Dies gilt übrigens auch bei Hündinnen, das wird seltsamerweise jedoch hier nicht in Verbindung mit einer Kastration erwähnt.

Bei Rüden ist es ein kleiner Eingriff

Die Kastration eines Rüden ist im Vergleich zur Kastration einer Hündin ein relativ kleiner Eingriff. Der Hodensack wird geöffnet, Samenleiter und Blutgefäße werden abgeklemmt und die beiden Hoden operativ entfernt. Das Ganze geschieht natürlich unter Vollnarkose. Während Hündinnen nicht selten ein bis zwei Wochen unter Folgeschmerzen leiden, ist für den Rüden das Ganze nach spätestens einer Woche und dem Fadenziehen vergessen. Sinnvoll ist die Rüdenkastration, um ihm einfach Stress zu ersparen und dafür zu sorgen, dass der Rüde keine unerwünschte Nachkommenschaft zeugt. Der Stressfaktor ist tatsächlich ein Argument und sollte nicht unterschätzt werden.

Stress für Rüden

In Städten leben Hunde in sich überschneidenden Revieren und auf engstem Raum. Hier ist fast immer zu jeder Zeit mindestens eine Hündin der Nachbarschaft läufig. Für Rüden bedeutet dies irgendwie immer unter Hochspannung zu stehen. Das macht sich auch im Zusammentreffen mit anderen Rüden bemerkbar. Ist eine Hündin läufig, sind die Herren beim Aufeinandertreffen nicht selten leicht gereizt.

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Vor allem in Städten sind Rüden fast ständig von läufigen Hündinnen umgeben und können darunter leiden. © TeamDaf/ stock.adobe.com

Die Duftmarken der begehrten Dame sind schließlich überall zu erschnüffeln und zu erschmecken. Manche Rüden stimmen regelrechte Liebeskonzerte an, und dies mit Vorliebe in den heimischen vier Wänden, ungeachtet der Tageszeit oder Nachtzeit. Fressen ist nebensächlich und so magert der Liebeskranke auch noch ab. Sollte Ihr Rüde zu diesen Bedauerlichen gehören, scheuen Sie den Weg zum Tierarzt zwecks Kastration auf keinen Fall!

Es gibt auch gelassene Hunde

Ersparen können Sie Ihrem Rüden die Kastration und sich selbst den Griff in den Geldbeutel allerdings dann, wenn Ihr Knabe zu den gelassenen Typen gehört. Es gibt nämlich auch jene Rüden, die sich vom verführerischen Duft einer vierbeinigen Nachbarin kaum aus der Ruhe bringen lassen. Es sei denn, sie steht direkt vor ihm. Deshalb gilt auch für den ruhigen Rüden während der Hitzeperiode: Leinenzeit!

Wann ist der beste Zeitpunkt um einen Hund zu kastrieren?

Die Kastration von Rüde und Hündin ist nicht nur ein operativer Eingriff, sondern auch ein Eingriff in den Hormonhaushalt. Wichtig ist deshalb der richtige Zeitpunkt, also dann, wenn der Hormonspiegel, Testosteron wie auch Östrogen, am niedrigsten ist.

  • Bei der Hündin liegt dieser Zeitpunkt bei etwa 75-80 Tage nach der letzten Hitze.
  • Bei Rüden wird meist kein Zeitpunkt angegeben, was den Anschein gibt, dass man die Jungs jederzeit ihrer Familienjuwelen berauben könnte.
  • Leider ist der beste Zeitpunkt tatsächlich schwerer auszumachen als bei Hündinnen. In der Regel liegt der beste Zeitpunkt zwischen den beiden saisonalen Fruchtbarkeitszyklen der Hündinnen. Beobachten Sie also, wann in Ihrer Gegend die Hochzeit der läufigen Hündinnen ist und wählen Sie am Besten den mittleren Zeitpunkt.
  • Sind fast alle Hündinnen z. B. im März/April und September/Oktober läufig, warten Sie mit der Kastration Ihres Rüden bis Juni/Juli oder Dezember/Januar. Sie werden es auch am Verhalten Ihres Hundes erkennen. Passiert bei den Damen nichts, ist auch der Hormonspiegel der Herren meist auf niedrigem Niveau.
  • Wird die Kastration bei hochgefahrenem Hormonspiegel ausgeführt, kann dies tatsächlich erhöhte seelische wie auch körperliche Negativauswirkungen auf Ihren Hund haben.

Körperliche und seelische Veränderungen

Körperliche Veränderungen

  • Das Fell kann stumpf und struppig werden. Vor allem bei langhaarigen Hunden sprießt das wollige Unterfell. Ständig haart der Hund, obwohl er früher nur den üblichen Fellwechsel hatte.
  • Bei Hündinnen kann eine Kastration auch zur Inkontinenz führen, das heißt: Sie verliert tröpfchenweise Urin. Dies kann kurz nach der Kastration auftreten und vorübergehend sein, aber auch erst nach Jahren durch Erschlaffung des Blasenschließmuskels auftreten. Alle Ursachen sind jedoch noch nicht komplett geklärt.

Seelische Veränderungen

  • Seelisch kann der Hund zu Depressionen neigen oder er wird leicht reizbar und reagiert plötzlich unleidlich bis aggressiv gegenüber Artgenossen gleich welchen Geschlechts.
  • Verhaltensforscher und Verhaltenstherapeuten haben festgestellt, dass eher zurückhaltende, schüchterne, gar ängstliche oder hyperaktive Hündinnen nach der Kastration an Selbstbewusstsein gewannen und gelassener wurden. Bei Hündinnen, die bereits ein sehr selbstbewusstes Auftreten besaßen, hat sich dieses allerdings noch verstärkt.
  • Sexuell betontes Verhalten von Rüden wurde durch die Kastration zwar gemindert oder gar vollständig beseitigt – das hängt vom Alter des Hundes zum Zeitpunkt der Kastration ab- jedoch jegliches Verhalten, welches nicht sexuell geprägt war, wurde beibehalten, teilweise ja sogar unangenehm verstärkt. Für Ihren Hund heißt das: Hat er noch nie sein Stöckchen, Ball oder Futter mit anderen Hunden geteilt, dürfen Sie davon ausgehen, dass er sein Eigentum nach der Kastration nun noch vehementer verteidigen wird.
  • Fettleibigkeit, wenn auch oft und gern behauptet, gehört übrigens nicht zu den üblichen Kastrationsfolgen, unabhängig davon, welchen Zeitpunkt Sie gewählt haben. Hier sollten Sie den Futterplan und Bewegungsplan Ihres Hundes kritisch checken. Zwar hat Ihr kastrierter Hund tatsächlich einen gesteigerten Appetit (nicht Hunger!), doch inwiefern Sie dem nachgehen, liegt in Ihrer Entscheidung.

Antje Plate

Antje Plate teilt ihr Leben seit etwas mehr als 40 Jahren mit Hunden, seit etwa 20 Jahren beschäftigt sie sich mit dem Lebewesen Hund tiefergehend. Über die Jahre knüpfte sie teilweise sehr enge Kontakte zu anderen Haltern, Züchtern verschiedenster Rassen, Tierärzten und Kynologen. Außerdem entwirft und fertigt sie maßgefertigte Hundegeschirre.