Wenn Ihr Urlaubshotel eine Baustelle oder das Hotelbadezimmer von Schimmel befallen ist, dann können Sie diese Reisemängel reklamieren. Was Sie dabei beachten sollten, lesen Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Traumurlaub oder Albtraum?
- 2 Nicht jeder Mangel rechtfertigt eine Rückerstattung
- 3 Vor Buchung der Reise Verträge und Kleingedrucktes lesen
- 4 Reisemängel sofort melden und wichtige Fristen einhalten
- 5 10 beispielhafte Reisemängel mit hohen Minderungssätzen
- 5.1 1. Hotel im Bau – 100 Prozent Reisepreisminderung
- 5.2 2. Ersatzunterkunft im Tauchboot – 100 Prozent Reisepreisminderung
- 5.3 3. Keine Information zur Visumsbeschaffung – 100 Prozent Reisepreisminderung plus Schadensersatz
- 5.4 4. Verdorbenes Hotelessen – 100 Prozent des Tagespreises pro betroffenen Urlaubstag
- 5.5 5. Unfall in Hotelbar – 75 Prozent Reisepreisminderung
- 5.6 6. Partylärm bis morgens – 60 Prozent Reisepreisminderung
- 5.7 7. Freilaufende Wachhunde – 50 Prozent Reisepreisminderung
- 5.8 8. Fehlendes Kinderbett – 50 Prozent des auf das Kind entfallenden Reisepreises
- 5.9 9. Ein Bungalow statt zwei – 40 Prozent Reisepreisminderung
- 5.10 10. Appartement zu klein – 35 Prozent Reisepreisminderung
- 6 Fazit
Traumurlaub oder Albtraum?
Sonne, Sand und Meer: Wer träumt nicht von einem erholsamen Urlaub unter Palmen? Doch wenn aus dem vertraglich zugesagten Bungalow in Strandnähe plötzlich ein Appartement in der City wird oder das Hotel hauptsächlich aus Baustellen besteht, kann von Erholung keine Rede sein und der Urlaub wird zum Albtraum. In diesem Fall haben Sie natürlich ein Anrecht auf eine teilweise oder ganze Rückerstattung des Reisepreises. In welchen Fällen Sie mit hohen Erstattungen rechnen können, haben wir in diesem Artikel für Sie einmal notiert.
Nicht jeder Mangel rechtfertigt eine Rückerstattung
Reisemangel ist jedoch nicht gleich Reisemangel. So sehen Gerichte zum Beispiel Plastikstühle in einem preiswerten Hotel nicht als Mangel an. Auch wenn sich in einem Mittelklassehotel in der Karibik zwei bis drei Geckos tummeln, sollten Sie großzügig darüber hinwegsehen. Ebenso verhält es sich mit Mückenstichen in wasserreichen Gebieten oder vorübergehenden Bienenschwärmen im Hochsommer, denn rechtlich gesehen werden zeitweise auftretende Insekten als allgemeines Lebensrisiko angesehen.
Vor Buchung der Reise Verträge und Kleingedrucktes lesen
Damit Sie an Ihrem Urlaubsort keine bösen Überraschungen erleben, sollten Sie sich sowohl bei der Buchung im Reisebüro als auch im Internet grundsätzlich über die Details der Leistungen informieren und auch das Kleingedruckte der AGB und zwischen den Zeilen der Prospekte lesen. Grundsätzlich gilt: Nicht die Fotos geben den entscheidenden Ausschlag, sondern die Texte. Sollten Sie sich also von den Bildern eines breiten und menschenleeren Strandes angezogen fühlen und diesen bei der Ankunft nicht vorfinden, können Sie dies nicht als Mangel anzeigen. Wird aber in der Beschreibung darauf hingewiesen, dass der hoteleigene Strand in 100 Metern Entfernung liegt und 200 Meter breit ist, dürfen Sie sich rechtlich darauf berufen.
Resorts und Hotelanlagen werden in den Prospekten immer in den blumigsten Worten beschrieben. Alle Zimmer mit Meerblick kann da auch schon mal heißen, dass Sie sich etwas weiter aus dem Fenster lehnen müssen, um das verheißungsvolle Azurblau zu entdecken. Ein Blickwinkel von 45 Grad ist nämlich durchaus erlaubt und wird erfahrungsgemäß nicht als Mangel angesehen. Wichtig ist, dass auf den unverstellten Meerblick hingewiesen wird. Falls nicht, darf auch eine Baumgruppe dazwischen stehen.
Ein beheizbarer Swimmingpool birgt zwar die Möglichkeit angenehm warmen Wassers, muss aber nicht unbedingt beheizt sein. Werden keine Fitnesseinrichtungen angeboten, können Sie sich folglich nicht beschweren.
Reisemängel sofort melden und wichtige Fristen einhalten
Falls Ihr Zimmer doch zu klein, Ihr Bad aufgrund eines Schimmelbefalls nicht benutzbar ist oder das Frühstücksbuffet nicht den hygienischen Standards entspricht, sollten Sie dies bei der Reiseleitung sofort anzeigen, und das schriftlich und am besten mit Fotobeweisen. Sollte sich kein Reiseleiter vor Ort befinden, schicken Sie Ihr Formular samt Fotos entweder per Fax (inklusive Sendebericht) oder Mail an Ihren Reiseveranstalter. Entsprechende Formblätter finden Sie im Internet unter anderem auf der Seite des ADAC.
» Formular Reisemängel-Anzeige vor Ort
Sollte sich niemand um Ihr Anliegen kümmern und besteht der Mangel fort, bleibt nur noch der Weg über die Forderung auf teilweise Erstattung der Reisekosten. Diese müssen Sie zusammen mit den Beweisen spätestens einen Monat nach Urlaubsende bei Ihrem Reiseveranstalter eingereicht haben, da ansonsten Ihre Ansprüche entfallen. Unterbreitet Ihnen der Veranstalter ein Angebot, vergleichen Sie dieses mit der sogenannten Frankfurter Tabelle. Die Tabelle beinhaltet typische Reisemängel und dient den Gerichten als Orientierung bei der Einstufung der Minderungssätze.
Zudem hat der ADAC eine repräsentative Liste an Reisemängeln samt Gerichtsurteilen und zugehörigen Minderungssätzen erstellt (Stand Juli 2011). Dieser Auflistung können Sie übrigens auch entnehmen, welche Mängelanzeigen zu keinem Erfolg führten.
» Preisminderung bei Reisemängel
10 beispielhafte Reisemängel mit hohen Minderungssätzen
Die folgende Aufstellung vermittelt Ihnen einen groben Überblick über Mängel mit hoher Reisepreisminderung (inklusive Angabe der Gerichtsurteile). Beachten Sie aber, dass es sich um Urteile handelt, die den individuellen Einzelfall berücksichtigen.
1. Hotel im Bau – 100 Prozent Reisepreisminderung
Hotel war bis auf einige Zimmer nicht fertiggestellt, was mit erheblichem Baulärm verbunden war. Außerdem: kein Animationsangebot, Sportanlagen und Freizeitanlagen nicht benutzbar (AG Bonn, Az: 9 C 124/97, ADAJUR-Dok. Nr. 30299, DAR 1998, 146).
2. Ersatzunterkunft im Tauchboot – 100 Prozent Reisepreisminderung
Unterbringung für eine Nacht auf Tauchboot statt gebuchtem Hotel, das zu diesem Zeitpunkt überbucht war (LG Baden-Baden, Az: 2 O 335/07, RRa 2008, 112).
3. Keine Information zur Visumsbeschaffung – 100 Prozent Reisepreisminderung plus Schadensersatz
Reiseveranstalter klärte nicht über die Bestimmungen zur Visumsbeschaffung auf, sodass die Reise nicht angetreten werden konnte (AG Bad Homburg, Az: 2 C 1415/04, NJW-RR 2005, 856).
4. Verdorbenes Hotelessen – 100 Prozent des Tagespreises pro betroffenen Urlaubstag
Schwere Salmonellenvergiftung bzw. Fischvergiftung durch Hotelessen plus 40 Prozent für nahestehende Begleitperson wegen Urlaubsbeeinträchtigung und Pflegeaufwand (LG Düsseldorf, Az: 22 S 443/99, NJW 2001, 1872; LG Düsseldorf, Az: 22 S 355/99, RRa 2001, 120).
5. Unfall in Hotelbar – 75 Prozent Reisepreisminderung
Der Sturz erfolgte am ersten Abend über eine nicht erkennbare Stufe, die quer durch die Hotelbar verläuft (AG Köln, Az: 135 C 497/03, RRa 2005, 26).
6. Partylärm bis morgens – 60 Prozent Reisepreisminderung
Der Lärm einer Freiluft-Diskothek bis 5 Uhr morgens führte sowohl zur Preisminderung als auch zum Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (AG Köln, 13 C 533/06, ADAJUR Dok. Nr. 77056).
7. Freilaufende Wachhunde – 50 Prozent Reisepreisminderung
Die Nutzung von Pool und Garten war aufgrund der freilaufenden Wachhunde nicht möglich (AG Köln, Az: 131 C 6/01, NJW-RR 2002, 1484).
8. Fehlendes Kinderbett – 50 Prozent des auf das Kind entfallenden Reisepreises
Das Zustellbett für das Kind war gebucht (AG Kleve, Az: 35 C 209/00, ADAJUR-Dok. Nr. 45240).
9. Ein Bungalow statt zwei – 40 Prozent Reisepreisminderung
Zwei Paare wurden in einen Bungalow mit zwei Schlafzimmern einquartiert anstatt in zwei Bungalows. Außerdem: nur ein Schlüssel vorhanden und Bungalow stark verdreckt (LG Hamburg, Az: 332 O 37/98, RRa 1999, 147).
10. Appartement zu klein – 35 Prozent Reisepreisminderung
Statt des gebuchten 85 Quadratmeter großen Appartements, gab es nur eine 49 Quadratmeter kleine Unterkunft (AG Bad Homburg, Az: 2 C 1969/00, ADAJUR-Dok. Nr. 45771).
Fazit
Ob Lärm, Flugverspätung, mangelhafte Unterkünfte oder fehlender Service: Für erkennbare Mängel, die sich aus nicht erfüllten Vertragsleistungen ergeben, erhalten Sie im Durchschnitt 5 bis 30 Prozent des Reisepreises zurück. Dagegen können Sie nicht mit einer Rückerstattung rechnen, wenn das Hotel beispielsweise neben einem Friedhof liegt, sich eine unvorhergesehene Zwischenlandung ereignet oder Sie 20 bis 30 Minuten auf Ihr Essen warten mussten. Wenn Sie noch weitere Informationen zum Thema Reiserecht suchen, dann sollten Sie mal auf den folgenden Internetseiten vorbei schauen: