Du bist nebenberuflich selbstständig, möchtest aber den Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) nicht verlieren? Worauf es ankommt und was in puncto Zuverdienst und Arbeitszeit zu beachten ist, erfährst du hier.
Wenn du dich während des Bezugs von Arbeitslosengeld I (ALG I) nebenberuflich selbstständig machen möchtest, ist das grundsätzlich möglich – sofern du bestimmte Vorgaben einhältst. Im Folgenden erläutere ich dir übersichtlich, worauf es ankommt, speziell im Hinblick auf Arbeitszeit, Zuverdienst, Meldungspflichten und Förderoptionen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 1. Arbeitszeit: ≤ 15 Stunden pro Woche
- 2 2. Zuverdienst & Freibetrag: Bis zu 165 € monatlich anrechnungsfrei
- 3 3. Meldung an die Agentur für Arbeit
- 4 4. Strategien zur Flexibilisierung: „Selbstständigkeit auf Zeit
- 5 5. Wenn du hauptberuflich selbstständig wirst: Gründungszuschuss
- 6 6. Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
- 7 7. Zusammenfassung: Ablauf & Empfehlungen
- 8 Fazit
1. Arbeitszeit: ≤ 15 Stunden pro Woche
Für den Erhalt des ALG I ist entscheidend, dass deine selbstständige Nebentätigkeit regelmäßig höchstens 15 Stunden pro Woche umfasst. Überschreitest du diese Grenze, giltst du laut Agentur als nicht mehr arbeitslos – der ALG-I-Anspruch endet (§ 138 SGB III). Auch gelegentliche Überschreitungen sind problematisch, daher empfiehlt es sich, wirklich bei maximal 14 Stunden 59 Minuten zu bleiben.
2. Zuverdienst & Freibetrag: Bis zu 165 € monatlich anrechnungsfrei
a) Grundfreibetrag
Du kannst monatlich bis zu 165 € netto hinzuverdienen, ohne Kürzung deines ALG I. Wird mehr erzielt, wird der übersteigende Betrag in vollem Umfang vom ALG I abgezogen (§ 155 SGB III).
Beispiel:
- Nebeneinkommen netto 300 €
- Freibetrag 165 €
- 135 € werden vom ALG abgezogen
b) Betriebsausgabenpauschale
Als Selbstständiger darfst du 30 % deiner Einnahmen pauschal als Betriebsausgaben abziehen – das senkt den anrechenbaren Gewinn. Beispiel: Umsatz 235 €, pauschal 70 € Betriebsausgaben = Gewinn 165 €, genau der Freibetrag. Wenn du höhere tatsächliche Ausgaben hast, lässt sich der Freibetrag weiter steigern.
c) Zusätzlicher Freibetrag
Hattest du vor dem ALG-I-Bezug bereits mindestens 12 Monate lang regelmäßig eine Nebentätigkeit unter 15 Stunden pro Woche? Dann bekommst du zusätzlich den durchschnittlichen Nettogewinn des vergangenen Jahres als Freibetrag – mindestens 165 €.
Beispiel:
- Durchschnittlicher Nebenertrag 320 € → zusätzlich 320 € Freibetrag
- Gesamtfreibetrag: 165 € + 320 € = 485 €
- Beispielrechnung zeigt, wie viel letztlich vom ALG abgezogen wird.
3. Meldung an die Agentur für Arbeit
Du musst die Aufnahme und die Veränderungen deiner Nebentätigkeit der Agentur unverzüglich, spätestens am Tag des Starts mitteilen – am besten online über den eService. Das umfasst:
- Aufnahme der Tätigkeit
- Angabe von Arbeitsstunden und Einnahmen
- Monatliche Nachweise
- Bei Gewinnausschüttungen oder höheren Einnahmen: Änderungsmitteilungen
Verschweigst du die Tätigkeit, drohen Rückforderungen oder Bußgelder.
4. Strategien zur Flexibilisierung: „Selbstständigkeit auf Zeit
Wenn du einzelne Aufträge als Selbstständiger über 15 Stunden pro Woche ausführst, kannst du dein ALG temporär ruhen lassen, solange du das der Agentur vorher mitteilst. Alternativ kann eine zeitlich befristete Aussetzung des ALG-I-Bezugs gemeldet werden (z. B. zwei Wochen) – inklusive Übernahme deiner Sozialversicherungsbeiträge → danach wird der ALG wieder regulär weitergezahlt.
Diese Taktik („Selbstständigkeit auf Zeit“) nutzt man, um z. B. große Aufträge zu erledigen, ohne Ansprüche zu verlieren.
5. Wenn du hauptberuflich selbstständig wirst: Gründungszuschuss
Wenn du mehr als 15 Stunden wöchentlich selbstständig tätig bist und ALG I-Anspruch mindestens noch 150 Tage besteht, giltst du als hauptberuflich selbstständig – dein ALG-I-Bezug endet. Du kannst jedoch den Gründungszuschuss (§ 93 SGB III) beantragen, der dich finanziell unterstützt: eine sechsmonatige Förderung plus eventuell weitere neun Monate Zuschuss zur sozialen Absicherung.
Voraussetzungen:
- Noch mind. 150 Tage ALG-I-Anspruch
- Tragfähigkeitsbescheinigung
- Nachweis über Qualifikation & Geschäftsidee
6. Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
- Unter 15 h/Woche: ALG‑I trägt Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherungsbeiträge.
- Bei Ruhen des ALG oder Hauptselbstständigkeit: Du zahlst selbst, inkl. Beiträge zur Kranken‑ & Pflegeversicherung; Rentenversicherung ggf. selbst zu tragen.
7. Zusammenfassung: Ablauf & Empfehlungen
Thema | Wichtiges |
---|---|
Arbeitszeit | ≤ 14:59 h/Woche |
Zuverdienst | bis 165 € netto frei, ggf. + zusätzlicher Freibetrag |
Pauschale Betriebsausgaben | 30 % automatisch, höhere möglich |
Meldungen | sofortige Meldung per eService |
ALG ruhen / beenden | Bei > 15 h/Woche oder großen Aufträgen |
Gründungszuschuss | Ab Hauptselbstständigkeit möglich |
Empfohlener Ablauf:
- Plane deine Nebentätigkeit und schätze erste Einnahmen und Ausgaben.
- Melde sie (Arbeitsstunden, Tätigkeit, Einnahmen) rechtzeitig bei der Agentur.
- Nutze die 30%-Pauschale und ggf. zusätzlichen Freibetrag.
- Für hohe Auftragsvolumina kannst du ALG ruhen lassen oder beendigen und Gründungszuschuss beantragen.
- Kläre parallel mit Krankenkasse und Rentenversicherung deine Beitragssituation.
Fazit
Du kannst dich während des ALG-I-Bezugs geschützt nebenberuflich selbstständig machen, wenn du:
- unter 15 h/Woche bleibst,
- deine Tätigkeit rechtzeitig meldest,
- max. 165 € netto (plus ggf. zusätzlicher Freibetrag) monatlich erwirtschaftest,
- Deine Beiträge zur sozialen Absicherung berücksichtigt werden und
- bei Schritt in die Hauptselbstständigkeit rechtzeitig Gründungszuschuss beantragt wird.
So kannst du deine Gründung sicher und finanziell abgesichert neben deinem ALG‑I‑Bezug aufbauen – ganz nach dem Motto: „Risiko klein, Chance groß.“
Grundlegende Informationen zum ALG I findest du hier bei der Agentur für Arbeit.
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