Unisex-Tarife

Unisex-Tarife – Das sollten Sie beachten

„Sie sollten sich mit der Unterschrift aber nicht zu lange Zeit lassen – das kostet Sie nur unnötig Geld“ – dieser Satz aus dem Munde eines Versicherungsvermittlers lässt bei jedem Versicherungsnehmer die Alarmglocken schrillen. Der Wegfall des Steuerprivilegs und die Einführung von Unisex-Tarifen geben dieser Aussage jedoch einen gewissen Wahrheitsgehalt – ausnahmsweise. Was Sie bei den Unisex-Tarifen beachten müssen, erfahren Sie hier.

Unisex-Tarife
© konstantant – stock.adobe.com

Unisex-Tarife werden Standard in Deutschland

Zum zweiten Mal nach 2004 tritt in der deutschen Versicherungslandschaft der Fall ein, dass im Zweifelsfall eine kurzfristige Entscheidung notwendig wird. Erfreulicher Weise haben Sie als Verbraucher noch bis Dezember 2011 Zeit, die bestmögliche Lösung zu suchen. Unisextarife werden auch in Deutschland Standard.

Mit dem Datum 1. Januar 2005 wurde das Steuerprivileg für Lebensversicherungen in Deutschland beendet. Die Voraussetzung einer zwölfjährigen Mindestlaufzeit für eine steuerfreie Auszahlung aus einer Lebensversicherung war Geschichte. Wer sich im Dezember 2004 nicht rechtzeitig entscheiden konnte, hatte auf mindestens 12 Jahre unnötig Geld verschenkt.

Der Europäische Gerichtshof verlangt Unisex-Tarife

Im Jahr 2011 geht es nicht um die Besteuerung von Versicherungsleistungen, sondern um einen vorprogrammierten Preisanstieg bei Neuabschlüssen in bestimmten Sparten. Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom 1. März 2011 die geschlechts-spezifisch bedingt unterschiedlichen Prämien bei Versicherungen für unzulässig erklärt. Das bedeutet im Klartext, dass ab dem 21. Dezember 2011, dem Datum der Umsetzung, keine Unterschiede mehr hinsichtlich des Geschlechts der Versicherungsnehmer respektive der versicherten Personen in der Prämie zu Grunde gelegt werden dürfen. Unisex-Tarife, bei Riester-Verträgen schon Grundlage, werden auf alle Bereiche ausgedehnt.





Bestehende Verträge sind von dem Urteil nicht betroffen, aber Versicherungsnehmer müssen aufgrund von Unisex-Tarifen bei Neu-Abschlüssen in den folgenden Sparten mit korrigierten Beiträgen rechnen:

  • KFZ-Versicherungen
  • Lebens- und Rentenversicherungen
  • Private Krankenversicherungen

Unisex-Tarife führen nicht zu einer Anpassung an das günstigere Tarifgefüge

Die Strategieberater der Lebensversicherer sehen dies als historische Chance, das Prämienniveau anzupassen, und die Irrtümer zu niedrig kalkulierter Prämien der Vergangenheit juristisch begründet zu korrigieren. Diese Aussage lässt leider nicht hoffen, dass die Prämien für Männer in der KFZ-Versicherung sinken, sondern dass Frauen, die nachweislich unfallfreier fahren, künftig eine höhere Prämie für die KFZ-Versicherung entrichten müssen.

Bei Lebensversicherungen werden Frauen stärker zur Kasse gebeten

Bei einer Lebensversicherung sind Frauen für die Versicherungsunternehmen die kostengünstigeren. Das liegt daran, dass Frauen erwiesenermaßen das vereinbarte Ablaufdatum einer Lebensversicherung häufiger als Männer erreichen. Eine Auszahlung der Versicherungssumme vor Einnahme der kalkulierten vollständigen Prämie war demzufolge seltener und somit rentabler. Aus diesem Grund aber auch für die Versicherungsnehmer günstiger. Hier wird es in Zukunft wohl zu einer überproportionalen Verteuerung bei Lebensversicherungen für Frauen kommen.

Renten- und Krankenversicherungen verteuern sich für Männer aufgrund von Unisex-Tarifen

Bei den Beiträgen für die Rentenversicherung hingegen war es für die Männer günstiger. Die Lebenserwartung bei Männern ist nämlich niedriger als bei Frauen. Durch die Unisex-Tarife werden männliche Versicherungsnehmer bei Rentenversicherungen in der Zukunft stärker zur Kasse gebeten. Mischkalkulationen wären zwar als Lösungsmodell denkbar, werden aber wohl eher stiefmütterlich behandelt werden.

Unisex-Tarife beachten
© GrafKoks – stock.adobe.com

Derzeit höhere Prämien in der privaten Krankenversicherung für Frauen

Auch in der privaten Krankenversicherung müssen Frauen noch höhere Prämien zahlen. Hintergrund ist die häufigere Arztfrequenz und die längere Lebenserwartung. In der aktuellen Prämie ist bereits ein potenzieller Kostenanstieg im Alter eingerechnet. Männliche Versicherungsnehmer müssen sich aufgrund der Unisex-Tarife auch bei privaten Krankenversicherungen, unabhängig davon, ob es sich um  eine Voll-Versicherung oder eine Zusatzversicherung handelt, auf höhere Prämien einstellen.

Rechtzeitig Informationsmaterial sammeln

Wenn Sie heute wissen, dass Sie in den oben genannten Versicherungssparten Versicherungsbedarf haben, sollten Sie, mit dem Hintergrund, dass noch bis Dezember 2011 Zeit besteht, heute die Informationssammlung beginnen, um die bestmögliche Lösung zu finden. Fragen Sie Ihren Versicherer, ab wann ein Vergleich zwischen neuem und altem Tarifwerk möglich ist und lassen Sie sich nicht mit dem Satz „Jetzt sollten Sie sich schnell entscheiden“ abspeisen. Unisex-Tarife werden die Beiträge für Versicherungen wohl nicht günstiger gestalten. Das empfehlen schon die Strategie-Berater der Versicherer.

Uwe Rabolt

Jahrgang 1959, Bankkaufmann, Versicherungsfachman (BWV).
Amerikanistik- und Linguistikstudium (M.A.), Frankfurt am Main.
Von Januar 1985 bis Dezember 2010 im on- und offline-Vertrieb im Sektor Finanzdienstleistungen tätig.